scroll-to-top

Adolph Kolping & seine Idee

 

1813-1865 - eine wilde Zeit, in der Kolping diese Welt bereicherte.

Kolping ereilte das gleiche Schicksal wie viele andere Menschen auch: Wer weiß schon am Ende einer Pubertät, von der man heute weiß, dass man aus dieser nicht wirklich mehr herauskommt, in welche Richtung sich seine berufliche Entwicklung neigt.

Wobei Neigung noch immer nicht mit Eignung gleichgesetzt werden darf. Er wurde vorerst einmal Schuhmacher und machte Schuhe, oder reparierte sie einfach nur. Offensichtlich war er in diesem Beruf nicht sehr glücklich, denn mit 24 Jahren setzte er sich wieder auf eine Schulbank an einem Kölner Gymnasium.

Mit 32 Jahren wurde er zum röm.-kath. Priester geweiht und stürzte sich mit viel Engagement und Frohsinn in seine erste Kaplanstelle in Wuppertal-Elberfeld.

Schon mit 34 Jahren wurde er zum Präses eines Gesellenvereines gewählt. Hut ab Leute, die Latte liegt hoch. Kolping sah die Nöte der Zeit und da im Speziellen die der herumwandernden Gesellen. In heruntergekommenen Quartieren mussten sie Zuflucht suchen, oftmals "hausten" sie unter unmenschlichen Bedingungen. Von Bildung außerhalb des beruflichen Horizonts war natürlich keine Rede. Also setzte Kolping auf vernünftige, also menschengerechte Quartiere (= heute Kolpinghäuser) und Bildung über den beruflichen Alltag hinaus (= Verein Kolpingsfamilie Wien-Zentral).

In dieser Hinsicht war Kolping ein absoluter und leidenschaftlicher Praktiker. Er leitete und begleitete eine wahre Gründungsflut von Kolpingfamilien, schon bald war ihm Deutschland zu klein und er wagte sich über die Grenzen - so auch nach Österreich. Die Achse Salzburg-Linz-Wien war offensichtlich auch damals schon eine gute West-Ost-Verbindung und so kam es, dass auf dieser Achse die ersten Kolpingfamilien in Österreich gegründet wurden.Kolping als reinen Pragmatiker zu bezeichnen, wäre mehr als unfair. Er war auch ein Mann der Feder - und welcher noch dazu?!

Seine kritischen Kommentare in der von ihm gegründeten und herausgegebenen Zeitung "Rheinische Volksblätter" stehen einer spitzen Feder eines Karl Kraus´ wirklich kaum nach. Heute noch herrlich zu lesen, eine wahre Fundgrube an zeitkritischer Analyse. Er war sich offensichtlich bewusst, dass ohne gute Theorie keine vernünftige Praxis zu gestalten ist, das gilt natürlich auch umgekehrt. Seine eigenen Schriften sind genüßlich zu lesen, das was andere über ihn geschrieben haben, ist dann schon eine etwas härtere Kost. So wie Kolping in Schriften über ihn und auf vielen gemalten Bildern rüberkommt, kann er nicht gewesen sein. So trocken und so hart begeistert man nicht zigtausende Menschen, damals wie heute nicht.In vielen Schriften wird Kolping als ein Wegbereiter der Katholischen Soziallehre genannt. Er selbst dürfte noch nicht wirklich an ein so umfassendes Werk zur Gestaltung der Gesellschaft gedacht haben, aber seine praktische Arbeit kann unter das Dach "Katholische Soziallehre" eingestellt werden. Es ging Kolping sehr viel um die Übernahme von Verantwortung, vor allem der Verantwortung für die eigene Entwicklung und das Leben in Gemeinschaft, insbesondere das in einer christlich-sozialen.

Er setzte auf die mutigen Schritte der konkreten Tat. Auf jeden Fall war er ein Mann mit enormen sozialem Gespür und mit entsprechender Weitsicht. Ihm lag der gelebte Glaube am Herzen und setzte Schritte, dass dieser Glaube lebbar werden konnte. Er hat Hilfen angeboten und baute Brücken zwischen dem oftmals sehr abstrakt anmutenden Glauben und dem praktischen, realen Leben. Mit dem Bau von "Gesellenhäusern" (=heute Kolpinghäuser) und dem Anbieten von Bildungsveranstaltungen in verschiedensten Themen lebte er Glauben - und dachte nicht nur Glauben.

Er machte das, was er predigte. Er brachte die Voraussetzungen mit, die für Glaubwürdigkeit notwendig sind. "Wasser predigen und Wein trinken" ist da was anderes. Ein großartiger Mann, der Großes hinterließ. Oftmals scheint es uns, als wären uns die Schuhe, die er uns hinterlassen hat, ein bisschen zu groß. Nur Mut, Brüder und Schwestern, auch wir finden unseren Weg im großen Nachlass.

Kolping heute

"Wohnen und Bildung"- wir sind auf dem richtigen Weg! Nur heute schaut´s ein bisserl anders aus, das sollten wir nicht ganz aus den Augen verlieren. Die Idee Kolpings ist heute weltweit verbreitet und das in über 60 Ländern dieser Erde. Werden in Moldawien etwa bedürftigen Familien Ziegen zur Verfügung gestellt, damit sie nun den Eigenbedarf an Milch und Käse decken können, so ist man z.B. in Kenia bemüht, Stipendien zur Verfügung zu stellen. Auf den Philippinen versucht man wiederum durch die Vergabe von Mikrokrediten kleingewerbliche Initiativen zu unterstützen und in der dominikanischen Republik werden in Kooperation mit der dortigen Regierung Alphabetisierungskurse angeboten. In Deutschland wurden u.a. große Bildungsverbände gegründet, in Österreich gibt es nach wie vor Häuser für Schüler/innen und Studierende, doch ist man hier u.a. auch im Bereich Altenpflege, in der Betreuung von Menschen mit Behinderungen aktiv. Lange ließe sich diese Liste fortsetzen. Durch viele Partnerschaften wird weltweite Solidarität im Kolpingverband praktisch gelebt. All die Einrichtungen und Initiativen sollen den christlichen Glauben und somit die Hilfe zu einem selbstbestimmten Leben in sozialer Gemeinschaft zum Ziel haben. 

Es wird für eine kreative und zuverlässige Zukunftsgestaltung nicht (mehr) reichen, sich auf jahrhundertealte Traditionen zu verlassen. Dieser Transformationsprozess steht Kolping Österreich bevor. Diesen behutsam und doch mit Mut zur Auseinandersetzung und Veränderung einzuleiten und zu begleiten, wird ein Gebot der Stunde sein, will man auch in 100 Jahren ein erfolgreiches und konstruktiv tätiges Kolpingwerk Österreich im Sinne des Gründers Adolph Kolping erleben.

Harald Fasching